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Aktuelles

Wer Kirchgeld zahlt, hilft helfen.

1994 - 2000

Die Bauabschnitte von 1994 bis 2000 (aufgezeichnet von Pfr. Christoph Wiesener)

Altar vor Wiederentdeckung der Wandmalereien
Am 1. April 1994 geht Pfr. Malbrich in den Ruhestand und der Staffelstab geht am 1. November an mich über.Ich muss zugeben, dass mir die Bausubstanz der Kirchengemeinde ähnliche Sorgenfalten ins Gesicht trieb, wie meinem Vorgänger. Bereits bei meinem ersten Besuch am 2. September 1994 dachte ich: "Das schaffst du nie!" Dabei war doch von meinem Vorgänger schon so vieles aufgearbeitet worden. Aber es waren eben doch über 5 weitere Jahre harte Arbeit und noch viel mehr Geld notwendig, um alles in den heutigen Zustand zu versetzen.

Die Außenarbeiten waren abgeschlossen, inklusive des Vorplatzes (Westseite) der Kirche. So können wir, der GKR und ich, uns in den kommenden Jahren neben der abschließenden Gestaltung des Außenbereiches vor allem der Sanierung des Innenraumes, der Notkonservierung und der teilweisen Restaurierung der Ausstattung und Wandmalereien widmen. Die Planung dazu kostet schon 159.990 DM.

Alle Dokumentationen sowie die Notkonservierungen und Restaurationen, außer an der Taufe, führen die Restauratoren Anke und Jan Großmann aus Dresden aus. Die von ihnen geschaffenen Grundlagen und ihr Engagement für unsere Kirche erleichtern unsere Arbeit sehr. Dank schon gestellter Zuschussanträge durch meinen Vorgänger können die Arbeiten, ja müssen sie fast überstürzt noch im November beginnen, um die Mittel nicht verfallen zulassen. Und so machen sich Großmanns sofort an die Notkonservierung und Reinigung des Altars. Diese Arbeiten ziehen sich dann bis in das Jahr 1995 hin. Gleich zu Beginn des Jahres 1995, am 20. Januar, gründet sich auf meine Initiative hin der "Kirchbauverein der St. Johanneskirche Reichenbach". Er soll uns in Zukunft helfen, die Eigenmittel zur Sanierung aufzubringen.


Mit der Restaurierung des Chorgewölbes wird umfangreiche Wandmalerei wiederentdeckt, die der Johannes-Offenbarung entstammt

Von Juli bis August wird durch Beihilfen der Stadt der größte Teil der Wehrmauer für insgesamt 49.795 DM gesichert. Am 23. Oktober kommt die restaurierte Taufe nach langer Irrfahrt wieder zurück in die Gemeinde. Die noch ausstehenden Bauarbeiten lassen jedoch eine sofortige Aufstellung in der Kirche nicht zu.

1996 bringt den ersten großen Schritt der Innensanierung. Zunächst wird das Altarpodest erneuert und das Gestühl des Langschiffes an den Wandseiten eingekürzt und repariert. Dabei wird der Originalfußboden aus gebrannten Tonziegeln entdeckt. Die Südempore wird angehoben und ihre Säulenfüße saniert. Gesamtkosten: 30.701 DM.

Von Juli bis Dezember wird der Chorraum der Kirche renoviert. Dazu werden die Risse in den Gewölben kraftschlüssig verpresst, neu verputzt, die alte Farbe abgewaschen und der Chorraum nebst Kreuzrippen nach alten Farbbefunden ausgemalt. Hinter dem Altar auf der Gewölbekuppel und an den Mauerschilden der Seitenwände werden, für die regionale Kunstgeschichte bedeutende Wandmalereien entdeckt und z. T. freigelegt. Gesamtkosten: 334.800 DM. Die Stadt trug davon 33%.

Die nur teilweise Öffnung der Wandmalereien, hält nun leider auch die biblische Botschaft unserer Kirche hinter den Farbschichten verborgen, denn die St. Johanneskirche predigt mit ihrer Wandmalerei. Ein Teil dieser Predigt konnte schon entschlüsselt werden, deshalb hoffen wir auf weitere Freilegungen.

Im September wird die gesamte Elektrik neu installiert (Kosten: 22.520 DM) und werden nach langem Beraten neue Lampen angebracht (Kosten: 21.820 DM). Die Lampen im Langschiff und Eingangsbereich werden nach dem Original aus dem Jahre 1915 gestaltet. Der Altar, und das ist neu, wird links und rechts von zwei medusenhäuptigen Leuchtern eingerahmt.


Gerüst im Chorraum mit eingehaustem Altar (1996)

Die erfreulichen Ergebnisse der Sammlung für die Kirchturmuhr führen zu der langersehnten Neuinstallation samt neuen Läutewerks. Beides wird für 20.000 DM von der Fa. Ferner aus Meißen eingebaut. Zu Ostern, am 7. April schlägt die neue volIelektronische und funkferngesteuerte Uhr erstmals nach langen Jahren wieder.

Der schlechte Zustand der Orgel sowie Hinweise auf Fördergelder für Orgelsanierungen führen dazu, dass wir auch diese Aufgabe angehen. (Diese Geschichte entnehmen Sie bitte der Festschrift zur Ladegast-Orgel.) Mit der nun möglichen Orgel Restaurierung geraten wir aber zusätzlich unter Druck. Denn die Orgel kann nur dann restauriert werden, wenn vorher das Langschiff saniert wurde, wegen des anstehenden Baudrecks. Wie kann diese zusätzliche große finanzielle Belastung getragen werden? Wir sind ratlos.


Partielle Öffnung der Deckfarbschicht an der Ratsherrenloge (1997)

1997 ist das Jahr der Verhandlungen. Anfragen, Anträge, Planungen und der kleinen Bauschritte in der Kirche. Es werden Restarbeiten am Gestühl und an der Elektrik vorgenommen. Dabei entdeckt Tischler Andreas Lange unter dem Gestühl links und rechts neben dem Sakristeieingang die zwei Grabmale aus dem Jahre 1567 wieder. In ihnen liegen Hans von Gersdorff und seine Frau.


Blick in den geöffneten Dachboden des Langhauses der Kirche (1999)

Eine ABM besetzt mit Frau H. Zeps sichtet, ordnet, reinigt und katalogisiert über 2 Jahre hinweg die Bibliotheks- und Archivbestände der Kirche. In der Patronatsloge werden die Bibliotheksschränke repariert, der Raum selbst neu eingerichtet. Ein alter Sakristeischrank wird aufgearbeitet und zur Aufnahme neuer Bestände in die Bibliothek gebracht. Die Schiebefenster der Loge werden wieder gangbar gemacht. In der Kirche wird nach einer erfreulich verlaufenden Sammlung eine Lautsprecheranlage für 9.500 DM installiert. Das Projekt zur Sanierung des Langhauses wird für 57.000 DM erstellt. Weitere Zuwendungsbescheide sowie EKU Kollektenmittel für die Not-konservierung der Ausstattung der St. Johanneskirche ermöglichen 1998 die Sicherung der Farbfassungen der Offenen Loge sowie die Notkonservierung der beiden Epitaphien an der Südwand im Chor. Nebenbei werden erste kleine Öffnungen der Farbdeckschichten an den übermalten Ausstattungen vorgenommen (Offene Loge, Emporenbilder, Ratsherrengestühl).

Zwei Bleiglasfenster in der Patronatsloge werden repariert. Die Sicherung bzw. Restaurierung der Ausstattung kostet in diesem Jahr 33.750 DM. Ein neues Glockenjoch für die mittlere Glocke wird wegen akuter Unfallgefahr von der Fa. Thumsch, Heidenau einge­baut und die Klöppellager repariert.


Vorzustand der Nordwand des Kirchenschiffes (1998)

Sämtliche Bankheizungsstrahler werden überprüft und wenn nötig ersetzt. Das Gestühl im Langhaus erhält Sitzkissen. Damit sind unsere Bemühungen um eine angenehmere Nutzbarkeit der Kirche zu einem ersten Abschluss gekommen.

Durch eine AB Maßnahme (4 Personen) können die bisher noch nicht sanierten Kirchmauerabschnitte (Westseite, Anbindungen, Pfarrhaus, Hussitentor) endlich auch in Stand gesetzt werden. Die gefundenen Grabsteine werden an der Westseite der Kirchmauer wieder aufgestellt.

Im Jahre 1999 ist es endlich soweit. Wir haben das Geld zusammen und können es selbst noch nicht fassen. Ja, sowohl die Orgelrestaurierung als auch die Langhaussanierung ist möglich. Denn eine erste Kostenschätzung für das Langhaus von 500.000 DM wird auf 370.000 DM gedrückt. Die konkrete Ausschreibung und die Vorarbeiten der ABM Mannschaft ergeben dann finanzierbare 250.000 DM. Aber auch die dafür nötigen 140.000 DM Eigenmittel können wir nur deshalb aufbringen, weil uns unsere Rotarier Freunde aus Recklinghausen spontan 21.000 DM spenden, wir vier Baugrundstücke verkaufen und auch die letzten Rücklagen noch aufgebraucht werden.

Bevor aber die Bauarbeiten schon im zeitigen Frühjahr beginnen, wird die Orgel durch die Fa. Jehmlich aus Dresden ausgebaut.


Südwand mit abgeklopftem Putz und gereinigten Fugen (1999)

Das Langhaus wird endlich saniert. Es ist sowohl in seiner Statik als auch in seiner Ansehnlichkeit stark in Mitleidenschaft gezogen. Als Vorarbeit müssen das Dachgebälk und seine Auflagerpunkte saniert und so statisch wieder ausreichend stabilisiert werden. Dazu räumen die ABM Kräfte über 75 m3 Schutt aus den Gewölbezwickeln. Ebenso wurde die gesamte Dielung (über 500 m2) aufgenommen, da sich an den Binderbalken immer größere Schäden zeigen. Danach wird mit Hilfe der TU Dresden eine Entkopplung von zwei Auflagepunkten auf den Gurtbögen des Gewölbes vorgenommen, um Lastschäden am Gewölbe in Zukunft zu vermeiden. Die ABM Kräfte haben mittlerweile den Putz im Langhaus der Kirche bis unter die erste Empore vollständig abgehackt (ca. 200 m2) und die Fugen ausgekratzt. Nun werden alle Risse im Langhaus verpresst, geputzt und das gesamte Langschiff mit Vorraum, Sakristei, Patronatsloge und Langhausfenster farblich gemäß der Befunde gestaltet. Die Erweiterung der Arbeiten auch auf diesen Bereich, bei gleichem Preis, wird erst durch die ABM Arbeiten und durch eine beachtliche Regie- und Verhandlungsleistung unseres Architekten, Dirk Böhme, möglich. Und immer wieder stoßen wir auf Zeugnisse alter Baustufen. In der Patronatsloge wird Originalsubstanz aus der Entstehungszeit der Kirche (gotisches Putzfugenbild und Birnstabkreuzgewölbe) entdeckt. In der Sakristei findet Malermeister Handschuh unter der Deckfarbschicht ein kleines Wandgemälde, "Der leidende Christus", aus dem Jahre 1930 von dem Italiener Silvia Baccaglia. Im Eingangsbereich wird der Fußboden mit gebrannten Tonziegeln ausgelegt. Gegen alle Erwartung schaffen wir es, zu Pfingsten die Konfirmation in der neuen Kirche zu feiern. Kosten für das Langhaus: 248.000 DM und für die Orgel: 215.000 DM.

Was wir mit diesem Bauabschnitt noch gar nicht eingeplant hatten, ist nun doch überraschenderweise geschafft:

Die Kirche ist nach 15 Jahren baustellenfrei!

Bilder aus der Sakristei

Abgeklopfter Putz, der frühere Baustufen sichtbar macht (Ziegelsteinausmauerung eines Fensters links oben)

Derselbe Abschnitt im neuverputzten Zustand.

 

Was bleibt, sind kleine Renovierungsmaßnahmen am Sockel der Wände und an den Treppen, sowie die Restaurierung der übrigen Ausstattung.

Von September bis November wird der Kirchplatz durch eine eigens dafür beantragte ABM mit einem Wegenetz versehen.


Das Kreuzrippengewölbe des sanierten Chorraumes (1997)

Im Frühjahr 2000 gehen die Arbeiten an der Orgel weiter und der gesamte Orgelprospekt wird durch Großmanns restauriert.

Das Pfeifenwerk der Orgel kommt am 10. April zurück.

Letzte Arbeiten auf dem Kirchplatz werden verrichtet: Der Kirchplatz wird eingesät und mit Bäumen und Büschen z. T. neu bepflanzt.

Das völlig verrostet abgebaute Eisengitter für die Kirchentür in Richtung Rathaus wird durch die Stahlbaufirma Christian Dittrich kostenlos restauriert und am 14. April wieder eingebaut. Damit sind alle Eingänge der Kirche mit Metallgittern gesichert. Die vier ABM Beschäftigen beschließen ihre Maßnahme nach zwei Jahren mit der Sanierung der Treppenaufgänge im Kirchturm. Alle in der Kirche aufgefundenen Ölgemälde (Portraits der v. Seydewitz etc.) werden im Eingangsbereich der Kirche als kleine Bildwand angebracht. Großmanns beginnen am 30. Mai mit der Restaurierung der Offenen Loge. Zusätzlich werden Farbschichtöffnungen an Gestühlteilen und an einem Emporenbild vorgenommen, letzteres als Geschenk an die Gemeinde. Der Kristalllüster aus dem Chorraum wird restauriert. Vom 6. bis 30. Juni wird die Orgel intoniert.

Damit schließt mein Bericht mit der Hoffnung, dass die St. Johanneskirche nach der vollständigen Restaurierung ihrer Ausstattung eines Tages ihre ganze Schönheit und Aussagekraft wieder erhalten wird.

 

Reichenbach im Juli 2000

 

Pfr. Christoph Wiesener

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